Genderstern & Co.

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Generelle sprachliche Lösungen für die Inklusion non-binärer Menschen (Einstieg in die non-binäre Welt) sind nebst geschlechtsneutralen Begriffen (z.B. Studierende) auch die Schreibweisen mit Genderstern (Student*innen), Gendergap (Student_innen) etc. In diesem Text wird es nebst der Anwendung von Genderstern & Co. in schriftlicher und mündlicher Kommunikation auch um die Gegenüberstellung von non-binären und binären Formen des Genderns sowie einen Ausblick gehen.

Im Gegensatz zu den geschlechtsneutralen Begriffen (siehe auch Kommunikation) haben Genderstern & Co. den Vorteil, dass sie non-binäres Geschlecht explizit sichtbar machen. Nachteile davon sind, dass sie für gewisse Menschen Texte schwieriger lesbar machen können. Deshalb ist es eine gute Strategie, in Texten sowohl Gendersterne & Co. wie auch geschlechtsneutrale Begriffe einzusetzen. Aber auch zu beachten ist dabei, dass eine Studie gezeigt hat (nature, 2024): im Durchschnitt sind weniger als 1% aller Wörter von genderinklusiver Sprache betroffen.

Der sog. Inklusionsstern (wie z.B. bei Frauen*) ist abzugrenzen von Genderstern & Co. und wird unten separat beschrieben.

Wichtige Punkte zum Thema Genderstern & Co.:

1​Mit Genderstern & Co. (Leser*innen, Leser_innen etc.) können in Texten non-binäre Geschlechter explizit sichtbar gemacht werden. Die typografischen Zeichen stehen dabei in Stellvertretung für die vielen möglichen Geschlechter.

2​Wichtig sind Genderstern & Co. primär für non-binäre Menschen. Personen aus dem LGBTQIA+ Spektrum mit einer binären Geschlechtsidentität (v.a. auch trans Frauen und trans Männer) sind mit den herkömmlichen binären Sprachformen (z.B. Leser/innen) bereits berücksichtigt.

3​Für die Umsetzung gibt es verschiedene Formen: Genderstern (Leser*innen), Gendergap (Leser_innen, Genderdoppelpunkt (Leser:innen) etc. Die verschiedenen Schreibweisen sind gleichwertige Variationen, folgen in der Anwendung der gleichen Logik und haben alle ihre Vor- und Nachteile. Die breiteste Akzeptanz (auch aus Sicht Barrierefreiheit) hat im Moment der Genderstern.

4​Für eine gute Lesbarkeit sollte pro Text nur eine Art von Zeichen verwendet und möglichst auch mit anderen sprachlichen Formen (z.B. Studierende) kombiniert werden. Wenn möglich sollten Wörter mit Genderstern & Co. in der Mehrzahl verwendet werden, weil dadurch Artikel und Adjektive keine Genderstene enthalten müssen.

5​In der mündlichen Kommunikation können Genderstern & Co. durch eine kurze Pause (den sog. Glottisschlag) ausgedrückt werden. Aus «Lehrer*innen» wird: «Lehrer [Pause] innen». Im Deutschen ist das üblich auch bei Wörtern wie z.B. «Spiegel-ei».

6​Die binären Formen des Genderns wie «Lehrer/innen», «LehrerInnen» oder «Lehrerinnen und Lehrer» schliessen non-binäre Personen aus. Diese Formen des Genderns sind für viele non-binären Menschen gefühlt unangenehmer als das generische Maskulinum, weil der Ausschluss noch expliziter klar wird.

7​Diese Mittel der geschlechtergerechteren Kommunikation sollten einerseits immer weiter verfeinert, aber auch immer wieder bezüglich ihrer Wirksamkeit überprüft werden.

Inhalt:

Genderstern, Gendergap etc.

Gendersterne & Co. sind Mittel, die verschiedenen Geschlechter – jenseits von Weiblichkeit und Männlichkeit – in Texten zu inkludieren und nebst non-binären Pronomen (siehe auch Pronomen Anwendung) sind sie ein Mittel, non-binäre Personen auch explizit sichtbar zu machen. Dabei sind es typografische Zeichen zwischen den binären Genderformen, die einen Raum für non-binäre Geschlechter öffnen.

Bedeutung von Genderstern & Co.

Der Schrägstrich (Leser/innen) und das Binnen-I (LeserInnen) sind sprachliche Mittel, um Frauen und Männer in Texten gleichsam sichtbar zu machen. Auf solche binären Formen des Genderns wird weiter unten im Text eingegangen. Der Genderstern und Varianten davon (Leser*innen, Leser:innen etc.) sind eine Weiterentwicklung dieser Konzepte, um damit auch non-binäre Geschlechter (siehe auch non-binäres Geschlecht bzw. Einstieg in die non-binäre Welt) umfassen zu können.

Die Idee hinter dem Konzept ist, dass ein typografisches Zeichen (Stern, Unterstrich etc.) einen «Raum öffnet» für weitere Geschlechter. Das Zeichen (z.B. der Stern bei Leser*innen) steht «in Stellvertretung» der vielen möglichen non-binären Geschlechtlichkeiten, die sich nicht alle aufzählen lassen (siehe auch Labels).

Beim Stern (auch Asterisk genannt) ist dies eine direkte Analogie zum Konzept der «Wildcard» aus der Informatik: Der Stern kann bei Suchabfragen die Funktion haben, dass er stellvertretend für beliebige Inhalte steht. D.h. eine Suche nach «Eis*» findet dann sowohl «Eishockey» wie auch «Eisbecher» usw. Beim sogenannten Gendergap (Leser_innen) stellt der Unterstrich diesen Raum eher visuell dar – mit dem entstehenden Weissraum zwischen den Wortteilen.

Wenn auch Genderstern & Co. wichtig sind für non-binäre Menschen, so haben sie für andere Personen aus dem LGBTQIA+ Spektrum – mit einer binären Geschlechtsidentität – keine Bedeutung im engeren Sinne. Trans Menschen mit binärer Geschlechtsidentität (trans Frauen und trans Männer) wären mit binären Formen (z.B. Leser/innen) oder Doppelnennung (Leserinnen und Leser) bereits berücksichtigt. Gleichfalls mitberücksichtigt sind auch alle anderen LGBTQIA+ Personen, die sich als Frauen oder Männer verstehen und entsprechend ausdrücken mögen.

Es ist so, dass gewisse non-binäre Personen die Pronomen «sie» oder «er» verwenden und Menschen mit einer binären Geschlechtsidentität können trotzdem non-binäre Pronomen verwenden (siehe auch Pronomen Anwendung). Diese zweite Gruppe würden wir dann Gender-nonkonform nennen, weil ihr Geschlechtsausdruck nicht mit ihrer Geschlechtsidentität übereinstimmt. Um das wirklich verstehen zu können, ist es wichtig zu realisieren, dass die verschiedenen Dimensionen von Geschlecht (Geschlechtsidentität, Geschlechtsausdruck etc.) grundsätzlich unabhängig voneinander sind (siehe dazu auch Grundlagen).

Der sogenannte Inklusionsstern (Trans*, Frauen* etc.) ist zwar verwandt mit dem Genderstern, hat eine leicht andere Bedeutung und wird in anderen Kontexten eingesetzt (mehr dazu unten).

Varianten in der Darstellung – verschiedene typografische Zeichen

Die Logik von Genderstern & Co. kann verschieden umgesetzt werden. Im Deutschen gibt es verschiedene Vorschläge von typografischen Zeichen, die ihre Vor- und Nachteile haben bezüglich Akzeptanz, Barrierefreiheit und Typografie. In anderen Sprachen haben sich andere Zeichen etabliert.

Varianten in der deutschen Sprache

Die verbreitetsten Varianten im Deutschen sind:

  • Genderstern: Leser*innen (mit Stern, auch genannt Asterisk)
  • Gendergap: Leser_innen (mit Unterstrich)
  • Genderdoppelpunkt: Leser:innen

Weitere, weniger verbreitete Varianten sind z.B.: Leser;innen, Leser!innen, Leser’innen. Gewisse der Varianten sind auch in anderen Sprachen (siehe unten) etablierter als im Deutschen: Leser·innen, Leser.innen oder Leser-innen.

Grundsätzlich sind diese Schreibweisen als gleichwertige Variationen zu sehen und folgen in der Anwendung der gleichen Logik. Für die Lesbarkeit des Textes sollte pro Text nur eine Art von Zeichen verwendet werden.

Die Varianten haben je ihre Vor- und Nachteile. Einerseits haben die verschiedenen LGBTQIA+ Communities unterschiedliche Präferenzen. Andererseits sind auch Aspekte wie Barrierefreiheit und Typografie zu berücksichtigen.

Barrierefreiheit

Wenn wir neue Regeln für die Verfassung von Texten vorschlagen, müssen wir auch Themen wie Barrierefreiheit berücksichtigen. Dies ist relevant in Zusammenhang mit sogenannten «Screenreadern», die u.a. blinde Menschen verwenden. Für eine gesamtheitliche Beurteilung der Barrierefreiheit müssen nebst Menschen mit Screenreadern auch noch solche mit psycho-sozialen oder motorisch-kognitiven Behinderungen berücksichtigt werden. In Deutschland wurde 2021 von der «Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik» (BFIT) eine Studie durchgeführt, die untersucht hat, was aus dieser Perspektive das beste typografische Zeichen fürs Gendern ist (Empfehlung zu gendergerechter, digital barrierefreier Sprache – eine repräsentative Studie, BFIT, 2021 [PDF bei dgti]): Diese Studie spricht sich für die Verwendung des Gerndersterns aus (Aktualisierung 2023 mit Präzisierung des BFIT: «Mit dieser Aktualisierung [der Empfehlung] wird sich der Fokus rein auf die semiotische Ebene des Genderzeichens beschränken und einige Grundaussagen zur Zugänglichkeit von Zeichen grundlegend zusammenstellen. Zur gesellschaftspolitischen Dimension wird von Seiten BFIT-Bund keine Aussage getroffen.»).

In Diskussionen rund um Genderstern & Co. wurde oft argumentiert, dass aus Sicht der Barrierefreiheit der Genderstern nicht optimal sei. Was ist das Problem in diesem Zusammenhang? Viele blinde, sehbeeinträchtigte und neurodiverse Menschen verwenden sogenannte «Screenreader». Diese Softwareprogramme geben elektronische Texte als gesprochene Sprache aus. Dabei werden die verschiedenen typografischen Zeichen bei der Sprachausgabe manchmal ausgesprochen (z.B. «Stern») oder in anderen Fällen auch nur als Pause ausgegeben. Zusätzlich kommt noch hinzu, dass es verschiedene Typen von Screenreadern gibt (JAWS, VoiceOver etc.). Auf dieser Basis wurde oft argumentiert, dass der Doppelpunkt (Leser:innen) besser geeignet sein soll als der Stern (Leser*innen). Der Doppelpunkt bringt aber auch wieder Herausforderungen für Menschen mit psycho-sozialen oder motorisch-kognitiven Behinderungen.

Typografie

Für textliche Lösungen wie Genderstern & Co. ist auch das Thema Typografie zu berücksichtigen. Die Typografie ist u.a. bemüht um Ästhetik und Lesbarkeit von Texten. Aus dieser Perspektive betrachtet, haben die Sonderzeichen Stern und Unterstrich gewisse Nachteile, weil sie weisse Lücken in den Texten entstehen lassen. Das Satzzeichen Doppelpunkt hat dieses Problem nicht, schneidet dafür aus Sicht Barrierefreiheit nicht so gut ab (siehe oben).

Ein typografischer Zugang für die Verbesserung des Gendersterns bezüglich Ästhetik und Lesbarkeit ist, diesen (statt: Leser*innen) näher zur Schriftlinie zu bringen: Leser*innen (siehe auch Hannah Böker: Geschlechtergerechte Typografie, 2021). Ein weiterer Vorschlag aus einer typografischen Perspektive ist der «Gendertrouble-Stern», der maximal stören soll (siehe Typohacks, Witte, 2021).

Varianten in anderen Sprachen

In anderen Sprachen haben sich unterschiedliche Zeichen durchgesetzt als im Deutschen. So werden z.B. im Französischen diese Formen verwendet: content·e, content-e, content.e etc. In weiteren Sprachen gibt es auch noch andere Lösungen: z.B. im Spanischen mit «Latin@» oder «Latinx» und im Italienischen mit «maestrǝ».

Allgemeine Empfehlungen für die Anwendung

Im Gegensatz zu den geschlechtsneutralen Begriffen haben Genderstern & Co. den Vorteil, dass sie non-binäres Geschlecht explizit sichtbar machen. Nachteile davon sind, dass sie allenfalls Texte schwieriger lesbar machen. Wichtig ist, dabei auch Menschen zu berücksichtigen, die nicht Deutsch als Muttersprache haben und solche mit Lern- oder Leseschwierigkeiten.

So ist für Texte immer auch zu überlegen, ob es im jeweiligen Text eher um das nicht-Ausschliessen von non-binären Menschen geht oder deren explizites Sichtbarmachen. Für letzteres eignen sich Genderstern & Co. Um eine Sichtbarkeit zu erreichen, muss trotzdem auch nicht jeder Begriff mit Genderstern geschrieben werden. So ist die Empfehlung, nebst neutralen Wendungen die Sterne vor allem dort einzusetzen, wo es keine guten Alternativen gibt. Eine weitere allgemeine Strategie ist, möglichst oft Mehrzahlformen zu verwenden (siehe auch unten), weil da auch viele Sterne wegfallen.

Eine andere generelle Empfehlung ist, sich pro Text auf ein Zeichen festzulegen und nicht im selben Text z.B. Genderstern und Gendergap zu verwenden.

Anwendung in verschiedenen Situationen

Für die Anwendung von Genderstern & Co. in verschiedenen sprachlichen Situationen gibt es ein paar Dinge zu beachten (basiert auf Sprachliche Gleichstellung, Stadt Zürich, 2022): Gendersterne bei Artikeln und Adjektiven, zusammengesetzten Wörtern, Wörter mit veränderlichem Wortstamm, Geschlechtsneutralen Wörtern und bei Pronomen.

Die hier beschriebenen Anwendungen gelten analog auch für die oben besprochenen typografischen Varianten zum Genderstern. Der sog. Inklusionsstern (z.B. bei Trans*) wird unten separat besprochen.

Genderstern bei Artikeln und Adjektiven

Die Gendersterne können auch auf Artikel und Adjektive angewendet werden:

  • Ein*e talentierte*r Musiker*in spielt jeweils für 30 Minuten.
  • Ein*e grosse*r Sportler*in hat Vorteile in diesem Spiel.

Weil das schnell kompliziert werden kann, sind wenn möglich Mehrzahlformen zu verwenden.

Möglichst Mehrzahlformen verwenden

Es ist vorteilhaft, Wörter mit Genderstern in der Mehrzahl zu verwenden, weil dadurch Artikel und Adjektive keine Genderstene enthalten müssen:

  • Talentierte Musiker*innen spielen jeweils für 30 Minuten.
  • Die grossen Sportlerinnen haben Vorteile in diesem Spiel.

Zusammengesetzte Wörter

Für die bessere Lesbarkeit von zusammengesetzten Wörtern kann es von Vorteil sein, Bindestriche zu setzen:

  • Lehrer*innen-Zimmer
  • Nicht: Lehrer*innenzimmer (Lesbarkeit)
  • Nicht: Lehrerzimmer (generisches Maskulinum)

Wörter mit veränderlichem Wortstamm

Bei Wörtern mit veränderlichem Wortstamm (z.B. Arzt, Ärztin) übernimmt die Wortform mit Genderstern den Stamm der weiblichen Form:

  • Ärzt*innen
  • Nicht: Arzt*innen

Dieses Verhalten ist konsistent mit anderen Formen, denn dieses Wort hat zwei Wortstämme («Arzt-» und «Ärzt-»). Die zweite Form kommt nebst der femininen Form (Ärztin) auch bei der Mehrzahl (Ärzte) und beim Adjektiv (ärztlich) zum Einsatz. Der erste Stamm («Arzt-») kommt nur in der männlichen Form vor (Arzt).

Anmerkung: Die beim Binnen-I und Schrägstrich verwendete «Weglassprobe» ist hier nicht relevant, weil es sich bei den Formen mit Genderstern & Co. um neue Wortformen handelt (Quelle: BiblioTalk mit Anatol Stefanowitsch [Stelle: 1:12:26 Std.], 2023).

Geschlechtsneutrale Wörter

Wenn es für Wörter keine männlichen und weiblichen Formen gibt, dann werden keine Formen mit Genderstern gebildet:

  • Mitglieder, Koryphäe, Schatz
  • Nicht: Mitglieder*innen, Koryphä*innen, Schätz*in

Genderstern und Pronomen

An sich können Gendersterne auch mit den binären Pronomen (sie/er) verwendet werden:

  • Im Konzert hat sie*er schön gesungen.

Das «sie*er» (eher geschrieben: sier, sie_r etc.) ist einerseits auch ein eigenes sog. Neo-Pronomen, welches von gewissen non-binären Menschen verwendet wird. Andererseits kann es auch eine allgemeine Lösung sein, wenn wir die Pronomen einer Person nicht kennen. Aber hierbei ist zu beachten, dass wir auf jeden Fall die von der Person selbst verwendeten Pronomen benutzen sollten, falls wir diese in Erfahrung bringen können. Mehr dazu: Pronomen Anwendung

Häufig auftretende Anwendungen

Ansprache von Menschen (mehr dazu: Kommunikation):

  • Sehr geehrte*r Sascha Muster (mögliche Variante: Sehr geehrt* Sascha Muster)
  • Liebe*r Sascha (Variante: Lieb* Sascha)

Berufsbezeichnungen in Stellenanzeigen (mehr dazu: Arbeitgebende):

  • Gebietsleiter*in
  • Köch*in

Mündliche Aussprache

In der mündlichen Kommunikation können Genderstern & Co. durch eine kurze Pause ausgedrückt werden. So wird «Lehrer*innen» ausgesprochen:
Lehrer [Pause] innen

Solche Pausen (auch «Glottisschlag» genannt) sind ein normaler Teil der deutschen Sprache und kommen auch bei anderen Wörtern vor (siehe auch Wikipedia) z.B.:

  • Spiegel|ei
  • be|achten
  • er|innern
  • Um|armen

Akzeptanz und Verbreitung

In vielen Universitäten und Firmen haben sich Schreibweisen mit Genderstern & Co. etabliert (siehe auch die verschiedenen Sprachleitfäden bei Kommunikation). In der Umsetzung gibt es – wie oben angedeutet – unterschiedliche Strategien. So gendern z.B. Swisscom und die Post mit dem Genderstern. Der Doppelpunkt kommt z.B. bei Apple und der SBB zum Einsatz. Den Unterstrich verwenden z.B. Transgender Network Switzerland (TGNS). Weiter hat es der Genderstern auch schon ins Spiel «Scrabble» geschafft.

Scrabble Steine mit: IN* (10)
Scrabble Genderstein (war für gewisse Zeit bei Mattel erhältlich)

Für eine allgemeine Akzeptanz ist entscheidend, wie sich die öffentlichen Verwaltungen zu diesem Thema stellen. Positive Beispiele dazu sind die Städte Bern und Zürich. Ein negatives Beispiel ist die Schweizer Bundesverwaltung. In diesem Zusammenhang sind auch allfällige rechtliche Implikationen wichtig.

Stadt Bern und Stadt Zürich

Seit 2022 verwenden die Stadt Bern (Geschlechterinklusive Kommunikation) und die Stadt Zürich (Sprachliche Gleichstellung) den Genderstern.

«… alle Geschlechter gleichermassen angesprochen und sprachlich sichtbar gemacht werden. … Personen aller Geschlechter bedeutet Frauen, Männer und non-binäre Personen. … Als typografisches Zeichen wird der Genderstern (*) verwendet. …»

(Stadtrat Zürich, Stadtratsbeschluss vom 1.6.2022)

Schweizer Bundesverwaltung

Die Bundeskanzlei hat 2021 für die Bundesverwaltung eine Weisung und Erläuterungen zum Umgang mit dem Genderstern und ähnlichen Schreibweisen erlassen:

«Die Bundeskanzlei anerkennt … das Anliegen, das hinter dem Genderstern und ähnlichen neueren Schreibweisen zur Gendermarkierung steht: eine Sprache zu verwenden, die möglichst alle Menschen einbezieht und niemanden ausschliesst. Aus Sicht der Bundeskanzlei sind typografische Mittel wie der Genderstern, Genderdoppelpunkt, der Gender-Gap und Gender-Medio-punkt aber nicht geeignet, diesem Anliegen gerecht zu werden: Zum einen leisten sie nicht, was sie leisten sollten, und zum andern verursachen sie eine ganze Reihe von sprachlichen Problemen.»

(Ergänzung zum Leitfaden des Bundes: Weisung der BK zum Genderstern, PDF, 17.6.2021)

So verbietet die Bundeskanzlei im Moment die Verwendung von Genderstern & Co. in Texten der Bundesverwaltung. Die Argumente sind aber leider wenig überzeugend.

Untersuchung der rechtlichen Implikationen (DE)

Für die Verwendung von Genderstern & Co. in amtlichen Texten etc. sind auch die rechtlichen Implikationen wichtig. In Deutschland kommt eine Rechtliche Expertise zum Schluss:

«Das Ergebnis ist, in Kürze, dass die Verwendung geschlechtergerechter
Sprache inklusive des Gendersterns keinen (negativen) Einfluss auf Wirksamkeit
oder Verbindlichkeit von Verwaltungshandeln entfalten kann, sondern umgekehrt
dessen Verfassungskonformität erhöht.»

(HU-Gutachten bestätigt: Geschlechtergerechte Verwaltungssprache ist rechtskonform, Humboldt-Universität zu Berlin, 2021)

Die rechtliche Dimension wird auch in der Schweiz dann wichtig werden, wenn es hier endlich auch nicht-binäre Geschlechtseinträge geben wird.

Deville: Die Krux mit dem Gendersternchen [9:58 Min., 2022]

Binäre Formen des Genderns und generisches Maskulinum

Gewisse Leute meinen fälschlicherweise, dass Genderstern & Co. einfach nur ein anderer typografischer Stil ist, um nebst Männern auch Frauen explizit sichtbar zu machen – also analog zum Schrägstrich (z.B. Lehrer/innen) oder Binnen-I (z.B. LehrerInnen) zu sehen sind. Wie oben beschrieben ist dies nicht der Fall. Stern, Gap etc. dienen dazu, Raum für non-binäre Geschlechter zu öffnen.

Diese binären Formen des Genderns schliessen non-binäre Personen aus:

  • Schrägstrich: Lehrer/innen
  • Binnen-I: LehrerInnen
  • Doppelnennung: Lehrerinnen und Lehrer

Die Schreibweisen mit Schrägstrich oder Binnen-I sind zwar inkludierend in Bezug auf Frauen, sie schliessen aber non-binäre Menschen explizit aus – wie auch die Doppelnennung (z.B. Lehrerinnen und Lehrer). Diese expliziten Formen des binären Genderns sind deshalb für die meisten non-binären Menschen gefühlt unangenehmer als das «generische Maskulinum» (die männliche Form steht für alle Geschlechter), weil dann noch expliziter klar wird, dass non-binäre Menschen nicht gemeint sind – nicht existent oder bewusst ausgeschlossen. Gleichzeitig ist es wichtig zu betonen, dass wir ohne diese Formen wie Schrägstrich und Binnen-I nicht da wären, wo wir heute sind. Sie sind eine wichtige Vorarbeit für Konzepte wie Genderstern & Co.

Inklusionsstern (Trans* etc.)

Der sogenannte Inklusionsstern (z.B. in Trans* oder Männer*) ist verwandt mit dem Genderstern, hat aber eine leicht andere Bedeutung und wird in anderen Kontexten eingesetzt. So kann er z.B. eingesetzt werden, um mit «Frauen*» auszudrücken, dass in einem Text nicht nur Menschen gemeint sind, die sich im engeren Sinne als Frauen (cis oder trans) sehen, sondern auch z.B. gewisse non-binäre Menschen: Personen, die sich nicht als Frauen im engeren Sinne verstehen aber «auf die weibliche Seite tendieren» (z.B. transfeminin, Demiwoman – siehe dazu auch Labels).

Die Inklusionssterne führen deshalb immer wieder zu Diskussionen, weil meist unklar bleibt, was die Autor*innen mit dem Stern genau meinen (sie es selten explizit beschreiben) und die Leser*innen den Stern sehr unterschiedlich interpretieren. Deshalb ist es unumgänglich, bei der Verwendung von Inklusisonsternen auch zu definieren, was die Unschärfe des Sternes bedeutet. Heisst das z.B. im Falle von «Frau*»: weiblich sozialisiert oder von anderen Menschen als weiblich gelesen?

Zum Inklusionsstern später noch mehr …

Ausblick

Sind Genderstern & Co. nebst geschlechtsneutralen Begriffen schon die beste aller Lösungen für die sprachliche Inklusion von non-binären Menschen? … Wohl kaum.

Die hier vorgestellten Konzepte sind auch nicht über jeden Zweifel erhaben in Bezug auf Gendergerechtigkeit bzw. können diese dahingehend immer weiter verfeinert werden. So gibt es einige Vorschläge, die weiter gehen, als was hier besprochen wird. Denn der Text hier hat primär das Ziel, einen breiteren Konsens zu beschreiben. Das Buch Wie schreibe ich divers? Wie spreche ich gendergerecht? (von Lann Hornscheidt & Ja’n Sammla) enthält neben den etablierten Formen auch weiterführende Konzepte. In dem Buch werden z.B. auch alternative Platzierungen der typografischen Zeichen (z.B. Aktiv*istin) besprochen.

Wie oben angedeutet wird es z.B. in Sätzen mit Artikeln und Adjektiven schnell sehr unübersichtlich. Langfristig braucht es deshalb auch noch andere Lösungen wie etablierte, generell einsetzbare, wirklich geschlechtsneutrale Sprachformen. Solche werden u.a. vom Verein für Geschlechtsneutrales Deutsch ausgearbeitet (mehr dazu siehe auch Sprache).

Zusätzlich sollten wir weiterhin immer wieder gut reflektieren und analysieren, ob Mittel wie Genderstern & Co. sowie neue geschlechtsneutrale Sprachformen wirklich auch die gewünschten Effekte haben – eine wirkliche Gleichstellung von Frauen, Männern und non-binären Personen.

Weitere Quellen


Text von: Evianne Hübscher
Erste Veröffentlichung: 12.12.2022 | Letztes Update: 16.11.2024