Umgang generell mit non-binären Menschen

Worauf soll im Umgang mit non-binären Menschen geachtet werden?

Das non-binäre Geschlecht respektieren

Es ist total ok, wenn jemand für sich selber diese offene Sicht auf Geschlecht nicht nachvollziehen kann und sich selber klar in einer der herkömmlichen «Boxen» zuhause fühlt. Trotzdem kann so jemand das Geschlecht von einer non-binären Person respektieren. Auf dieser Website gibt es viele Fakten, dass diese neue Kategorie von Geschlecht auch seine Legitimation hat. Menschen generell zu zeigen, dass ihre Identität respektiert wird, macht ziemlich sicher so einige andere «Fehler» im Umgang (z.B. vergessen von neuem Namen oder Pronomen) wieder wett.

Wer problemlos in die strikte Zweigeschlechtlichkeit unserer Schweizer Gesellschaft passt, kann sich manchmal nicht vorstellen, wie sich die vielen strukturellen Diskriminierungen sowie ständige individuelle Diskriminierungen im Alltag anfühlen. Dazu ist es hilfreich sich mit den Lebensrealitäten non-binärer Menschen auseinanderzusetzen.

«Egoismus besteht nicht darin, dass man sein Leben nach seinen Wünschen lebt, sondern darin, dass man von anderen verlangt, dass sie so leben, wie man es wünscht.» –Oscar Wilde

Das sogenannte «misgendern» (einer Person ein Geschlecht zuschreiben, mit dem sie sich nicht identifiziert) ist für die meisten non-binären Personen sehr schmerzhaft (mehr dazu bei weiteren Quellen).

Mehr zu: Kommunikation, Design & Architektur, Formulare, Pronomen

Keine fixen Vorstellungen haben

Im Umgang mit non-binären Menschen ist es wichtig keine fixen Vorstellungen zu haben, was das nun zu bedeuten hätte. Die verschiedenen Menschen leben das ganz unterschiedlich. Deshalb ist es kontraproduktiv, enge Vorstellungen zu haben, dass jemand dann z.B. einen neuen Namen, ein anderes Pronomen oder einen androgynen Kleiderstil haben müsste. Das alles kann sein muss aber nicht. Jeder non-binäre Mensch definiert das eigene Geschlecht selber (mehr zu Ausprägungen von non-binärem Geschlecht und Labels).

Gendern generell vermeiden

Die meisten non-binären Menschen mögen es generell nicht, dass in der Sprache allem ein Geschlecht «angehängt» ist. Deshalb ist eine gute Regel möglichst neutrale Formen zu benutzen. Auch auf Anmeldeformularen etc. ist es wohl für viele auch am angenehmsten, wenn die Kategorie «Geschlecht» gar nicht drauf ist oder wenigstens ein offenes Feld und nicht vorgegebene zwei fixe Kategorien sind.

Mehr zu: Kommunikation, Formulare

Überlegen Sie sich aber auch sonst, wo sie non-binäre Menschen in eine unangenehme oder eigentlich «unlösbare» Situation bringen, wenn Sie eine strikte Einteilung in zwei Geschlechter vornehmen (WCs, Einteilung in Gruppen nach Mann/Frau, etc.), wie sie bis vor kurzem bei uns völlig unhinterfragt immer wieder vorgenommen wurde bzw. immer noch wird.

Taktgefühl

Im Umgang mit non-binären Menschen ist es wichtig, immer mit dem eigenen Taktgefühl in Kontakt zu bleiben. Denn es kann mit einem ja schon mal der Enthusiasmus durchgehen im Gespräch mit diesem Menschen, der scheinbar so anders lebt als man selber. Es gilt die Zeit zu nutzen und möglichst viel zu erfahren über dieses neue Thema. Sich für jemanden zu interessieren kann ja auch nicht falsch sein, oder?

Nun, non-binäre Menschen haben in der Regel kein Problem damit, wenn sich andere für sie als Mensch und für das Thema non-binäres Geschlecht interessieren. Was für die meisten recht belastend ist, das ist wenn die Fragen zu persönlich werden. Wenn sich zwei Menschen nicht sehr gut kennen, dann sind eigentlich Fragen über Themen wie Sexualität, Operationen, etc. nicht angebracht. Den Nachbarn, den Sie hin und wieder im Treppenhaus antreffen, würden Sie auch nicht fragen, ob er eigentlich eine Operation seiner Prostata plane oder wie er denn jetzt genau Sex hätte. Aber ja, der oben angetönte Enthusiasmus kann diese sonst eigentlich gut etablierten Umgangsregeln (offensichtlich) schon mal etwas ausser Kraft setzen. Bitte achten Sie darauf. Wir danken es Ihnen.

Anmerkung: Wenn Sie sich für diese Themen interessieren, dann gibt es auch genügend Videos, Artikel und Podcasts im Web (siehe auch: Bücher, Filme, Audio, YouTube Kanal), die sich damit befassen.

Ist das nicht alles doch zu kompliziert?

Wenn nun einige, die die binäre Einteilung von Geschlecht bis jetzt noch nicht hinterfragt haben, sich denken «boah, das ist aber kompliziert», dann wäre folgendes zu bedenken:

  1. Es könnten wahrscheinlich viele nicht-binäre Menschen auch gut ohne diese «Einteilerei» lebenWir wären also wohl gleich mit dabei, wenn wir das alles einfach abschaffen. Das soll nun nicht eine Forderung sein, die Einteilung in Geschlechter abzuschaffen, aber dann müssen die anderen auch bereit sein, sich auf die entstehende Komplexität einzulassen.
  2. Es wird vor allem so kompliziert, weil diese strikte Zweiteilung sehr künstlich ist und nicht wirklich aufgeht. Auch wenn noch der Hauptteil der Menschheit in einem der beiden herkömmlichen Geschlechter gut leben kann, heisst das noch lange nicht, dass das System als Ganzes stimmig ist.

KurzWir nicht-binären Menschen haben uns das nicht ausgedacht. Wir möchten nur, dass wir nicht mehr darunter leiden müssen, dass es im Moment einfach nicht ganz aufgeht. Das ist alles.

Weitere Quellen


Text von: Evianne Hübscher
Erste Veröffentlichung: 22.8.2016 | Letztes Update: 14.3.2024